Credit: Markus Schmidt | Graphik: Tobias Garcia Navas

03.04.2024

"Für das Finanzministerium lohnt es sich nicht, für uns ist es fatal."

Seit Jahren kämpft der Zentralverband für mehr Kontrollen im Bereich Schwarzarbeit. Wenn diese durchgeführt werden sind sie immer erfolgreich, nur gibt es viel zu wenige. Warum das so ist, darüber sprachen wir mit ZV Friseurhandwerk Präsidentin Manuela Härtelt-Dören…

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

2023 gab es einen massiven Einbruch bei Zollkontrollen. Was ist passiert?
Manuela Härtelt Dören:
Das ist ein großer Fehler seitens Zoll oder der Finanzämter. Was wir politisch immer als Antwort erhalten ist „Wir haben nicht genügend Mitarbeiter.“ Letztendlich geht es für die Politik aber bei Friseuren um kleine Summen, bei Kontrollen in Industrie oder auf Großbaustellen geht es gleich um viel Geld.
Für das Finanzministerium lohnt es sich nicht, für uns ist es fatal. Wir benötigen diese Kontrollen aber mehr denn je, denn die Schwarzarbeit benachteiligt und treibt Friseurunternehmen um.

Gemeinsam mit ver.di ist der ZV seit 2016 Partner im Bündnis gegen Schwarzarbeit und kooperiert mit der Generalzolldirektion. Was wurde daraus?
MHD:
Es gibt laufend Gespräche und es wurde viel zu diesem Programm zugearbeitet. Wir haben das allein jedoch nicht in der Hand, auch die Obermeister vor Ort sind gefordert dranzubleiben.

Bundesweit gibt es 41 Hauptzollämter, was wird dazu auf Innungsebene getan?
MHD:
  Wir unterstützen alle Landesverbände und führen regelmäßig Gespräche und vernetzen Obermeister, die erfolgreiche Initiativen mit den Zollämtern hatten, mit Kollegen. So kann viel vorangehen.  Wir müssen da kontinuierlich dranbleiben.

Wie erfahrt ihr von Kontrollen und bei Verstößen wie in Hanau, erhaltet ihr denn den Salonnamen?
MHD:
Leider erfahren wir oft erst aus den Pressemitteilungen von den Kontrollen. Namen werden uns keine genannt.

„Ich finde, dass man sich da wehren muss.“

Wen man dubiose Machenschaften beobachtet, kann man diese beim Finanzamt oder der lokalen Zolldirektion melden? Was empfiehlst du den Friseurunternehmen?
MHD:
Ich finde, dass man sich da wehren muss. Wenn ich ein Unternehmen bin, dass brav seine Mitarbeiter und alle damit verbundenen Abgaben zahlt, dann gehört dem Nachbarn, der das nicht macht, doch ein Riegel vorgeschoben. Da sollten wir den Mut haben laut zu werden, denn nur so schaffen wir es dagegen vorzugehen.

Stößt der Zentralverband Kontrollen an, wenn er davon hört?
MHD:
Wir haben als Verband schon die ein oder anderen Kontrollen angestoßen und sind hier auch aktiv.

Es gab in den letzten Wochen einige Kontrollen mit frappierenden Ergebnissen. Hast du das Gefühl, es zieht wieder an?
MHD:
Ja, leider aber auch im Privaten Bereich und es ärgert mich sehr, dass wir hier keine Handhabe haben. Hier müssen wir die Gesellschaft stärker sensibilisieren. Aber auch die Friseure selbst, die für wenig Geld daheim Haare schneiden. Mir ist hier meine Zeit viel zu kostbar, da sind Friseure doch viel mehr wert.

„…nicht versucht wird, auf die individuellen Bedürfnisse des Handwerks einzugehen.“

Mit der Forderungen nach Absetzbarkeit der Friseurdienstleistung hätten wir einen guten Hebel gegen Schwarzarbeit. Beim Zukunftskongress fand Herr Staatssekretär Kellner das gut. Gibt es hier Fortschritte?
MHD:
Leider noch nicht so, wie wir es uns erhoffen. Wir sind hier im Kontakt, allerdings steht ein direktes Gespräch aktuell noch aus. Bislang wurde uns noch kein Angebot seitens des Wirtschaftsministeriums unterbreitet. Wir bleiben hier dran!

Und die 7% Forderung? Entlastung der Unternehmen und ein Hebel?
MHD:
Auch alle Kleinstunternehmen sollten besteuert werden, das wäre für uns Unternehmer einfacher.  Da entsteht eine Schieflage und es ist eine Einladung den Rest über 22.000 € schwarz zu machen. 

Ein Berliner Barber berichtete uns von bereits mafiösen Strukturen inkl. Schutzgelderpressungen, auch bei Friseuren. Was weißt du davon?
MHD:
Uns ist diese Clan-Wirtschaft bekannt und es ist schlimm, dass unser Rechtssystem hier nicht durchgreift. Uns ist aber auch bekannt, dass Behörden hier nicht durchgreifen, weil sie selbst bedroht werden. Das ist eine ganz furchtbare Entwicklung, eine strafrechtliche Sache, worauf reagiert werden muss.

Versteht die Politik die besondere Problematik der Friseure?
MHD:
JEIN! Auf kommunaler Ebene wird uns zugehört und da versteht man es. Auch auf Landespolitikebene stoßen wir auf offene Ohren. Aber auf Bundesebene hört es dann auf. Das jedoch interessiert mich als politische Sprecherin für das Handwerk, denn wir müssen mit dieser Problematik kämpfen. Also kämpfe ich weiter.

Friseurinnen bundesweit schimpfen gerne darüber, dass der ZV nichts unternehmen würde. Was antwortest du darauf?
MHD:
Teilweise tut das natürlich weh, aber das muss man aushalten, denn wir wissen ja, was der Zentralverband wirklich leistet.

Das wissen viele aber offensichtlich nicht.
MHD:
Ich wünsche mir, dass man uns Zeit gibt. Wir sind in vielen Verhandlungen, nur kann ich darüber oft nicht sprechen, erst wenn wir Dinge in trockenen Tüchern haben, gehen wir damit raus. Die Mühlen der Politik mahlen leider sehr langsam.
Ich würde mir wünschen, dass Kritiker stärker das direkte Gespräch suchen würden. Mit der Denkfabrik haben wir in diesem Jahr ein erstes Tool geschaffen. Wir müssen hier lernen, besser zusammenzuarbeiten. Schwarzarbeit betrifft uns alle, da müssen wir in den Austausch gehen.

Was treibt dich an?
MHD:
Friseure haben etwas zu sagen und ich bin stolz Friseurin zu sein.

Danke Manuela und weiterhin viel Erfolg!