Credit Grafik: imSalon | Credit Hintergrund: Andonis Vassiliades

30.04.2024

Über 28% der deutschen Friseurunternehmen sind umsatzsteuerbefreit

Keinen Berufszweig trifft es so hart wie das Friseurhandwerk. Über 20.000 Friseurunternehmen fielen 2021 unter die Kleinunternehmerregelung und waren damit umsatzsteuerbefreit. Die Anzahl derer ist innerhalb von nur 2 Jahren um 24% gestiegen. Eine Entwicklung, die laut Prognosen weiter anhalten wird.

Über die wachsende Anzahl der Kleinunternehmen kursieren verschiedenste Schätzwerte. Die Anzahl der Kleinunternehmen wird im Friseurhandwerk nicht statistisch erfasst, und eine Errechnung gestaltet sich aufgrund variierender Klassifikationen und Erhebungsmetriken der verschiedenen Institutionen als durchaus schwierig. 

Im Zuge des Zukunftskongresses wurde in Abstimmung mit Handwerkskammer, Zentralverband und Destatis ein Näherungswert ermittelt. 

Der Blick auf das Berufsbild Friseur ist fatal: etwa 20.200 Friseurunternehmen, Tendenz steigend, sind 2021 nicht steuerbar. Das heißt, mindestens 28% der heimischen Friseurunternehmen sind umsatzsteuerbefreit. Die Anzahl derer ist in innerhalb von 2 Jahren um 24% gestiegen. 

Auf der einen Seite führt dies zu einer fatalen Wettbewerbsverzerrung, denn während ein steuerbarer Friseur durchschnittlich 60 € für Waschen, Schneiden, Föhnen nimmt, nimmt ein umsatzsteuerbefreiter Friseurkleinunternehmer nur 50 €. In Zeiten knapper Kassen ein nicht zu vernachlässigender Wettbewerbsvorteil.

Parallel schließen immer mehr Friseurfilialen, der Nachwuchs fehlt. Händeringend benötigtes Personal wechselt ins Kleinunternehmertum, weil es sich dadurch selbstbestimmte Arbeitsbedingungen erhofft. Bestehende Unternehmen rutschen in niedrigere Umsatzgrößenklassen sowie die Nicht-Steuerbarkeit ab.

Für größere Darstellung bitte Bild anklicken

Über die Hälfte aller deutschen Friseurunternehmen (steuerbare und Kleinunternehmen) erwirtschafteten 2021 weniger als 50.000 € Umsatz im Jahr. Diese Betriebe sind potenzielle Kandidaten für Insolvenzgefährdung, leise Schließung und Schwarzarbeit.

Näherungswert Kleinunternehmen im Friseurhandwerk:

Quelle: Zentralverband des Deutschen Handwerks, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Statistisches Bundesamt

JahrBetriebe
(lt.ZDH)
Steuerbare Unternehmen
(lt. Destatis)
Filialen
(lt. BGW*)
Nicht steuerbare
Kleinst-
Unternehmen
Anteil nicht steuerbarer Unternehmen
201880.61653.484 10.071 17.06124%
201980.76754.468 9.974 16.32523%
202080.98952.588 9.819 18.58226%
202181.02951.616 9.210 20.20328%

Anm.: 2020 wurde Umsatzsteuergrenze auf 22.000 EUR angehoben

Die aktuellsten Daten, die für alle verwendeten Quellen zur Verfügung stehen, sind aus dem Berichtsjahr 2021.

Von den 81.029 Friseurbetrieben, welche laut ZDH in die Handwerksrolle eingetragen waren, wreden 51.616 steuerbare Friseurunternehmen (nach aktueller HWO), welche laut Destatis Handwerkszählung mindestens einen sozialversicherungspflichtigen angestellten oder einen Umsatz oberhalb der Umsatzsteuergrenze verzeichneten ab, weiters werden 9.210 Filialen subtrahiert, welche zwar als Betriebe in der ZDH-Statistik erfasst sind, aber zu den bereist abgezogenen Unternehmen der Destatis Statistik gehören.

Die Zahl 9.210 Filialen stammt von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, welche hier allerdings nicht nach Handwerksordnung klassifiziert. Diese Filialen beinhalten Friseurunternehmen, Haarbearbeitungsunternehmen und Haarfachschulen. Eine Anzahl der Filialen von ausschließlichen Friseurunternehmen konnte auf Anfrage nicht mitgeteilt werden. Da wir eine größere Zahl als tatsächlich zu erwarten abziehen, lässt sich sagen, dass das Ergebnis von 20.203 Kleinunternehmen als Untergrenze der Näherung zu verstehen ist.

Diese 20.203 Salons, müssen folglich Unternehmen sein, welche keine sozialversicherungspflichtigen Angestellten haben und einen Umsatz unter 22.000 Euro erwirtschaften. Sie fallen daher unter die Kleinunternehmerregelung und müssen keine Umsatzsteuer abführen.